April
2021 ...vor wenigen Tagen ging es durch die Presse und ist somit offiziell: wir sind im Pandemie-Jahr Nr. 2 und der kulturelle Lockdown geht in die Verlängerung. Ich mag die Hoffnung nicht
aufgeben, dass im Sommer vielleicht wieder ein paar kleine Events möglich sind, aber so Recht kann ich das bei all den Pannen rund ums Impfen, Testen und Corona-Regel-Wirrwarr nicht glauben. Doch
meine musikverliebte Seele hungert nach Leben und ich werde allmählich schwermütig. Ich brauche dringend ein Konzert ... Lieblingsbands bevorzugt.
Und dann taucht urplötzlich ein Silberstreif am Horizont auf. Am 16. April 2021 kündigen Terry Hoax ein Konzert für den 04. Juni an. "Back on Stage" soll die Veranstaltungsreihe von Hannover
Concerts heißen. Ich kann es kaum fassen - ein richtig echtes Konzert, mit Musikern, auf einer Bühne, mit richtig echtem Publikum ... 100% real life. Mein Herz macht einen kleinen verzagten
Hüpfer. Noch ehe ich die Corona-Regeln des Veranstalters richtig durchgelesen habe, durchforste ich mein Telefon auf der Suche nach einem 2ten Haushalt, denn "natürlich" gibt es KEINE
Single-Tickets. (Konzert-Single sein ist verdammt schwer geworden.) Aber bei einem Terry Konzert ist das ein Kinderspiel, denn auch andere Familienmitglieder denken an mich. Und so hat mich in
kürzester Zeit ein 2ter Haushalt gefunden. Mone & Ulli kümmern sich netterweise um die Beschaffung der Tickets und geben bei der Ticket-Bestellung fast ihr Nervenkostüm dran. Doch am Ende
wird alles gut ... wir haben Tickets und ich dreh die Anlage auf und tanze erstmal im Schlafanzug durch die Küche.
Es folgen Wochen des Hoffens und Banges und ein extrem scharfes Hygiene-Konzept (An dieser Stelle: Danke für nix liebe Landesregierung, so kommt die Veranstaltungsbranche wohl kaum wieder auf die
Beine. Eure Verordnung für Clubs und Kulturveranstaltungen ist echt krass. Aber Hauptsache die übrige Wirtschaft läuft.). Am Ende vergehen die Wochen wie im Flug und dann ist er plötzlich da: der
04. Juni 2021!
Ein Tag so aufregend wie der 08. August 1992 (mein erstes Terry Konzert) - natürlich bin ich viel zu früh in Hannover, aber das ist egal. Das Wetter ist gut und ich komme in den Genuss des Soundcheck ... hört sich nach einer vielversprechenden Setlist an. Mein Herz hüpft schon wieder.
Mein
altes Leben kehrt langsam zurück - Astrid und Alexa trudeln ein und ich merke wie das Virus uns alle verändert hat, denn wir stehen in gebührendem Abstand zueinander während wir die Zeit
verquatschen und mit dem Eintreffen meines 2ten Haushalts beginnt das Abenteuer "Coronakonformes Konzert". Wir checken auf dem Gelände ein und probieren gleich erstmal die Getränkeversorgung per
QR-Code aus - klappt super. Ich sondiere kurz meine Umgebung - ob es die hinter mir sitzenden Menschen wohl stört, wenn ich nachher aufstehe? Tanzen am Platz ist ja offiziell erlaubt. Mmh, die
sehen alle so aus als könnten sie über mich drüber gucken, wenn ich aufstehe.
Auf Distanz begrüßen sich Menschen, allerorten wird gewunken und über viele Meter Entfernung zugeprostet. Über dem Gelände liegen Nebelschwaden aus vorsichtiger Euphorie und dann scheint das
Wetter unsere Pläne zu durchkreuzen. Ein Gewitter zieht über den Maschsee und wir werden vorsichtshalber in die Swiss Life Hall evakuiert, dort warten wir eine gefühlte Ewigkeit auf den Fortgang
des Abends. Trotz des unwilligen Gemurmels im Publikum geht die ganze Evakuierung recht gesittet ab und nach einer guten dreiviertel Stunde dürfen wir zurück auf unsere Plätze. Auf der Leinwand
werden von Olli Pocher zum x-ten Mal die Regeln zur Veranstaltung erklärt (sorry, aber der Typ nervt) und dann dauert es nicht mehr lang und Terry Hoax entern die Bühne.
Fünf gut gelaunte, hoch motivierte und völlig ausgehungerte Musiker entern die Bühne und nach einer ca. 10-sekündigen Sequenz von #perfectview springe ich von meinem Stuhl auf. Wenige Gitarren-Riffs, etwas Schlagzeug und ein beherzter Griff in die Saiten eines Basses reichen aus, um den gordischen Knoten in meiner Seele zu durchschlagen. Und es braucht nur diese eine Line "I got a perfect view from down that hill", um mein Herz auf Reisen zu schicken. Ich kann nicht beschreiben, wie sehr mein Körper und ich das vermisst haben, aber wir haben nichts verlernt ... mein Bewegungsdrang ist nicht zu bremsen und mir fallen automatisch die Augen zu. Ich versinke in einer Welt aus Musik und wundervollen Texten, die unentwegt mein Kopfkino anschmeißen, während die Jungs auf der Bühne mit #bandoftheday zu einem meiner Lieblingssongs übergehen. Das Leben ist gerade einfach nur gut zu mir, denn die Band schiebt mit #insanity den wohl meistgespielten Song in meiner Playlist nach. Hier und da stocken die vibes noch ein wenig, aber wir sind ja alle noch ein wenig aus der Übung.
Was die Herren Musiker im Lockdown nicht verlernt haben sind die "3-Song-Regel" und die Dramaturgie der Setlist. Jedenfalls quatscht Olli sich erstmal frei und weil alle so lang Verzicht üben
mussten, geht es passender Weise mit #freedomcircus direkt weiter. Ich mache dann und wann die Äuglein auf und mache meine obligatorischen Konzertfotos. Auf der Bühne wird #starsinmyblood zum
Besten gegeben und ich muss ein bisschen grinsen, denn vorne links in der ersten Reihe wird zu dem Song oft ein etwas anderer Text zum Besten gegeben als auf der Bühne. Ich finde, Olli sollte
ruhig mal auf die liebenswerte Souffleuse in der 1. Reihe hören.
Auf und vor der Bühne wird mittlerweile ausgelassen gefeiert. Die Band hat die Spinnenweben des Lockdowns abgeschüttelt und ich habe zwischenzeitlich eine kleine Kuhle in die Wiese getanzt.
Auflagenbedingt werden wir heute auf den #flyingperau verzichten müssen, aber ich habe schon 98% des früheren Konzertfeelings erreicht. Wir singen und grooven uns durch #inbetween und schmelzen
bei #liveall dahin und in Gedanken liegt sich die gesamte Terry Family in den Armen. Ich hätte niemals erwartet, dass ein coronakonformes Konzert so geil werden könnte, aber am Ende sind wir doch
alle nur #monkeysonvacation.
Olli behauptet immer mal wieder, dass er noch nicht wieder in Höchstform ist, er sei eher der Typ für die Nachspielzeit, aber spüren kann ich davon nix. #policyoftruth ist obligatorisch und
bringt auch die letzten Zuschauer*innen zum Mitsingen. Das Leben ist einfach nur schön. Und dann erlebe ich eine persönliche Premiere: soweit ich mich erinnern kann, ist es schon ein viertel
Jahrhundert her, dass ich bei #rubbishcolours nicht mit den Tränen kämpfen musste. Ich werde Marcus auf ewig dankbar sein, dass er sich diesem Song gestellt hat. (Wo sind eigentlich die
Herz-Emojis, wenn frau sie braucht?) Eine mega Gänsehaut am Herzen bekomme ich natürlich trotzdem. Manche Songs können es einfach.
Mein Herz ist voller Freude, Liebe und Lebensenergie und ich kann mich ohne Probleme in den #hotheyday fallen lassen. #anotherface und #lovetrip lassen mich runterkommen, geben mir Zeit kurz
durchzuatmen, denn inzwischen fühlt sich auch mein T-Shirt "wie früher" an. Als absolut unsportlicher Mensch rechne ich mir Konzerte nämlich als Sport an, denn Tanzen gilt ja wohl auch als Sport.
Zu Songs wie #fromlovetohate, #grasshopper, #notafraidtodie oder #happytimes verbrenne ich regelmäßig Millionen von Kalorien und fülle meine 1,60 m mit Endorphinen an. Und immer, wenn ich mich im
Publikum umsehe, sehe ich überglückliche Menschen ... viele Singen, einige Tanzen und ALLE sind überglücklich.
Wie bereits erwähnt bleibt #touchthesky heute ein lyrisches Bild, aber man kann spüren, dass Olli der Sprung in die Menge fehlt. Während des ganzen Abends unternimmt er Ausflüge ins Publikum und
flirtet mit den Kameras der anwesenden Fotograf*innen. Dabei bietet er die besten Perspektiven immer wieder für seine Frau Rebekka und ihre Fotoausrüstung. Überhaupt sprudelt die ganze Band über
vor aufgestauter Energie ... Olli reißt unzählige Kilometer auf der Bühne ab, Kai entlädt seine Energie in Luftsprüngen, Hachy trommelt um sein Leben, Marcus genießt es sichtlich wieder auf einer
Bühne zu stehen und ich glaube hier und da ein freudiges Lächeln im Gesicht von Jenzi aufblitzen zu sehen.
Am Ende
dieses supercalifragilisticexpialigetischen Abends erklärt Olli dann sicherheitshalber nochmal die Regeln der Band-Publikum-Beziehung ... was genau mussten wir nochmal tun, wenn wir eine Zugabe
wollen? Ach ja, "Flughafen, Flughafen, Flughafen" rufen. Denn es gibt nur einen Weg nach #waterland.
Mit der Aussicht auf mehr, auf einen Sommer mit fantastischen Open Air Erlebnissen entlassen uns Terry Hoax nach zwei Zugabenblöcken und guten zweieinhalb Stunden in die Nacht, denn
#thebestisyettocome.
Geordnet
verlassen wir die Stätte des Glücks und der Lebensfreude und am Ausgang der Gilde Park Bühne passiert dann das, was irgendwie nach jedem tollen Konzert passiert. Wir versammeln uns mit einer
kleinen Gruppe Herzensfans, um über einen wundervollen Abend zu quatschen. Obwohl wir alle negativ getestet sind, stehen wir in einem sehr großen Kreis beisammen, feiern das Leben und verabreden
uns für die kommenden Konzerte dieses Sommers. Ich habe keine Worte dafür, wie sehr ich die Terry Family vermisst habe ...
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