Die Göttinger Rockband Kyles Tolone spielt beim Heimatzoo Festival in Grindau/Schwarmstedt ... da könnte man ja mal hinfahren. Das ist jedenfalls der Kern einer Unterhaltung, die wir nach dem
"Terry Back on Stage"-Konzert im Kreise der Terry Family geführt haben.
Und so beginnt in meinem Kopf das imaginäre Ringen um die Frage "Hingehen oder nicht?" Will ich 140 km für eine Band fahren, deren home base nur 60 km von mir entfernt ist? Wäre es nicht viel
spaßiger zu ihrem Heimspiel in der Göttinger Musa zu fahren? Fragen über Fragen, Aber wenn das zarte Pflänzchen des Ticketkaufs erst einmal gesäht ist, dann kann ich nur schwer widerstehen.
Außerdem bietet der Abend in Grindau einen unschlagbaren Pluspunkt: die Konzertbegleitung!
Es kam also wie es kommen musste: ich schließe mich Andy's Initative für einen gemeinsame "Tafelrunde" an - momentan sind ja nur Sitzkonzerte erlaubt. Das wird bestimmt spaßig.
Die letzten Wochen waren geprägt von Arbeit, Streß, Erschöpfung und Trauer, deshalb lasse ich die Vorfreude auch nicht von der Tatsache verderben, dass Kyles Tolone die erste Band bei diesem
Mini-Festival sein werden. Trotzdem finde ich es schade, wo die Jungs doch so großes Headliner-Potential haben, aber nach Monaten des Verzichts nehmen wir jeden noch so kleinen Live-Gig dankbar
an. Dieses "wir" formuliere ich hier ganz bewusst, denn viele, die in den letzten Woche eine Chance auf Live-Musik hatten, wurden oft mit wenigen Akkorden nach wonderland gebeamt.
Sein wir mal ehrlich: Streaming-Konzerte sind wie Fast Food. Für wenige Augenblicke willst du es unbedingt und dein Körper gaukelt dir vor satt zu sein, aber in Wahrheit bleiben am Ende nur ein
Gefühl der Leere, dir ist speiübel und schon nach kurzer Zeit stellt sich der Hunger wieder ein.
Aber heute ist Freutag ... geselliges Beisammensein mit Live-Musik einer fabelhaften Rockband. Wen stören da noch die Corona-Regeln? Schon auf der Autobahn breitet sich dieses befreiende Gefühl
in mir aus. Mit jedem gefahrenen Kilometer lasse ich mehr und mehr den Alltag hinter mir, kein Stau auf dem "highway to hell" (aka A7) und die Sonne lacht über Norddeutschland. Ein herrlicher
Tag!
Fast zeitgleich trudelt unsere kleine 7köpfige Tischgesellschaft aus allen Richtungen in Grindau ein. Wir sind die ersten am Einlass und müssen natürlich noch warten. Aber wen stört schon eine
halbe Stunde Wartezeit am Einlass? Mich jedenfalls nicht, denn ich darf diese Zeit mit sehr netten Menschen verbringen, und weil wir uns viel zu selten sehen, gibt es auch immer etwas zu
erzählen. Als es endlich losgeht, haben wir die freie Platzwahl und nehmen natürlich die Sitzgruppe "front of stage". Das Festivalgelände bietet viel Platz und so können die Abstandsregeln
problemlos eingehalten werden. Es folgt der obligatorische Check-In per Luca App und wir testen gleich mal das Bestellystem für Essen und Getränke. Meanwhile on stage ... Kyles Tolone sind noch
beim Soundcheck und spielen uns vorab schon mal einen ihrer Songs zur Einstimmung. Hatte ich schon erwähnt wie schön das Leben jetzt gerade in diesem Moment ist? Die ersten Klänge des Abends
inspieren uns in Konzert-Erinnerungen zu schwelgen und wir sind uns einig, dass die kleinen Festivals und Locations noch immer die beste Wahl sind. Wer braucht schon Stadien? Die Wartezeit
vergeht mit einem Wimpernschlag und pünktlich um 19 h werden Kyles Tolone angekündigt. Die Jungs haben die Zwangspause der letzten Monate genutzt, um einigen Songs ein neues musikalisches Gewand
zu verpassen. Die Songs sind akustischer geworden, was leicht daran zu erkennen ist, dass Eric mit einer Akustik-Gitarre auf der Bühne steht. Doch der Ausbau der Akustik-Parts nimmt den Songs
nichts von ihrer Kraft. Am Ende ist es egal wieviel akustischen Weichzeichner du auf Rockmusik legst oder ob du einem Rocksong ein leichtes Sommerkleidchen überstreifst, wenn dein Bassist und
dein Drummer so viel Leidenschaft in ihr Spiel legen, dann bleibt es trotzdem Rockmusik.
Viel zu kurze 45 Minuten spielen sich die Göttinger durch einen abwechslungsreichen Mix aus "of lovers & ghosts" und "low spirits & fireworks" und arbeiten sich sichtlich am Publikum ab.
Die wenigsten Besucher scheinen mir wegen Kyles Tolone da zu sein, denn so richtig Feuer fängt die Masse an diesem frühen Abend leider nicht. Die meisten Menschen sind damit beschäftigt ihren
Alkoholpegel auf Partyniveau zu erhöhen und der Publikumschor bei #echoes war war sogar beim Streaming Konzert euphorischer. Sehr schade, aber kann man nix machen. Der musikalische Stil der Band
passt wohl auch nicht so ganz zur restlichen running order. Da scheint es mir doch dankbarer zu sein als Vorband von Terry Hoax auf der Bühne zu stehen oder rockerprobtes Beckenrand-Publikum zu
begeistern.
An unserem Tisch wird wird genossen, hier bebt die Bank. Leider ist es im ganzen Regel-Wirrwarr nämlich nicht ganz klar, ob am Platz im Stehen ohne Maske getanzt werden darf. Also feiern wir den
Sound der Band mit leicht angezogener Handbremse. Sitzkonzerte passen halt leider nicht zu jedem Musikstil. Aber wir lassen uns weder vom Sitzpogo noch vom Mitsingen abhalten. Und zwischendurch
habe ich trotz sommerlicher Temperaturen eine Gänsehaut. Die Setlist hätte ich mir nicht schöner wünschen können und beim letzten Song finde ich dann auch den Kompromiss zwischen
Corona-Konformität und Rock'n'Roll ... ich tanze einfach mit Maske. Diese letzte Gelegenheit sich zu bewegen versöhnt mich ein wenig mit all diesen Regeln, die sich so oft ändern und teilweise
nur wenig Sinn ergeben.
Nach einer kurzen Umbaupause spielen dann Schmeißig. Die sind jetzt nicht so meins. Eine Mandoline macht nämlich noch keinen ordentlichen Cowboy-Sound (das kann the incredible nailz einfach
besser). Vielleicht fehlen mir aber auch nur 1 bis 2 Promille, um mich auf dieses musikalische Experiment einzulassen. Den Abend beschließen dann die Jungs von Reis against the Spülmaschine und
für die fehlen mir definitiv ein paar Promille. Mit 'nem kleinen Schwips fand ich die schon lustiger. Aber der überwiegende Teil des Publikums feiert sowohl Schmeißig als auch die Reis-Jungs. Und
am Ende ist das doch die Hauptsache, dass jeder irgendwie Spaß hatte. Es war halt nicht immer zur selben Zeit.
Der Abschied von den anderen ist kurz und schmerzlos, denn wir sind fest entschlossen uns in diesem Jahr noch mindestens einmal wiederzusehen. Wenn alles gut geht werden wir im September wieder
als Terry Family on tour sein und die Hallig rocken. das nenne ich fabelhafte Aussichten.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einer Kyles Tolone mp3-Playlist geht es dann für mich wieder auf die Autobahn. Und am nächsten Wochenende gibt es endlich wieder einen musikalischen
Marathon: 3 Tage, 3 Locations und drei musikalische Acts, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
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Andy (Sonntag, 27 Juni 2021 20:12)
Es war mir ein tafelrundiges Fest ���