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Tobias Ginsburg - Die letzten Männer des Westens

Tobias Ginsburg, Autor & Theaterregisseur, ist abgetaucht ... abgetaucht in eine Realität, die uns ständig umgibt und die doch so wenig bewusst wahrgenommen wird. In seinem aktuellen Buch "Die letzten Männer des Westens" geht es um toxische Männlichkeit & Antifeministen, um rechtsradikale Männerbünde, neurechte Frauenhasser und Trolle, die diese giftigen Strömungen in den (a)sozialen Netzwerken befeuern. Und es geht darum wie diese Gruppen sich miteinander vernetzen und voneinander profitieren.
Und erschreckender Weise beschreibt dieses Buch auch einen Frauentypus, der in der heutigen Zeit so irreal erscheint, dass ich es kaum fassen kann. Frauen, die sich als billige Dekorationsstücke zur Verfügung stellen und sich sogar als Treiberinnen für die besprochenen Strömungen hergeben.
Und Tobias Ginsburg beschreibt den Kampf der Männer und Frauen, die sich diesen ekelhaften, toxischen Entwicklung entgegen stellen ...  Feminist*innen, Antifaschist*innen oder eben gleichberechtigungsbestrebte Demokrat*innen.

 

Diese Buch ist echt krasser Stoff und ich ziehe meinen Hut davor, dass der Autor für seine Recherche undercover in die Welt der Maskulisten, Antifeministen, Identitären und Neonazis eingetaucht ist. Das war mit Sicherheit kein Kindergeburtstag.
Bisher habe ich die chauvinistische Strukturen in meinem (Arbeits-)Umfeld eher belächelt. Ich gendere für gewöhnlich, weil alte weiße Männer davon einen Knoten im Gehirn bekommen, und amüsiere mich regelmäßig über die "Alpha-Männchen" in meinem Umfeld. Aber all das ist nichts gegen das, was Tobias Ginsburg in seinem Buch beschreibt.
In vielen Situationen kann ich die spöttischen Bemerkungen einfach nicht unterdrücken, z.B. wenn eine Besprechung mit den Worte "herzlich willkommen meine Herren" eröffnet wird und ich mich frage, ob ich unsichtbar bin. (Ich habe dann schon angeboten die Besprechung zu verlassen, damit der Satz stimmt.) Sorry, aber ich fühle mich nicht "mitgemeint", wenn von "Kollegen" oder Mitarbeitern die Rede ist. (Ich finde ja, dass im Wort "Kollegin" der "Kollege" schon drinsteckt, da dürfen sich die Herren gern "mitgemeint" fühlen.) Beinahe täglich bin ich mit mansplaining konfrontiert und staune immer wieder darüber, dass Männer das total normal finden.

Zu Beginn des (Hör-)Buches habe ich mich noch sehr amüsiert, dass Männer sich von Frauen in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen. Ernsthaft? Die fühlen sich doch nicht wirklich von Frauen bedroht, sondern wohl eher von anderen Mensch*innen im Allgemeinen. Aber im Verlauf des Buches bin ich doch sehr erschrocken, welches Ausmaß dieses Bedrohungs-Gefühl annehmen kann.

Ich hätte das Buch gern selbst gelesen, aber leider fehlt mir momentan oft die Zeit, vor allem aber die Muße zum Lesen. Aber glücklicherweise gibt es ja Hörbücher und ich leiste mir seit ein paar Jahren ein Hörbuch-Abo. Das heißt ich kann mir Bücher vorlesen lassen und nebenbei den Alltagskram erledigen. Wobei das ein oder andere Abendessen etwas darunter gelitten hat, dass dieses Hörbuch mich so sehr gefesselt hat.
Die Hörbuch-Fassung wird vom Autor selbst gelesen, mit Unterstützung des Schauspielers & Rappers Anton "Fatoni" Schneider. Und ja ich bin Fännin von Fatoni ... dieser Typ könnte mir auch 10 h am Stück Telefonbücher vorlesen und ich würde es gut finden, weil er einfach diese geile Stimme hat. Aber Fatoni hat einen eher marginalen Anteil an diesem Hörbuch und die Passagen, die er liest, sind dann doch eher unschön, aber trotzdem bereichernd. Denn dann und wann muss ich beim Hören des Buches an den Song "Semmelweißreflex" von Fatoni's Album Yo, Picasso denken: ... der Harvard Professor Edward Clark schrieb einen Bestseller ... in dem Buch sagte er lediglich die Frau sollte nicht studieren, weil es für sie schädlich ist, denn dafür so viele Informationen aufzunehm'n, sei das weibliche Gehirn einfach nicht ausgelegt und außerdem Frauen, die zuviel denken würden dadurch nur ihr Blut verschwenden und so ihre Gebärmutter zerstören, Mädchen könnten entweder lernen oder Mutter werden, Frauen mit Kinderwunsch stellen ihre kognitive Leistung also lieber in den Hintergrund

Ich finde es schlimm, dass es immer noch Menschen (Männer) gibt, die so denken und Tobias Ginsburg hat viele von ihnen treffen müssen, um sein Buch zu schreiben.

Nach 10 h Hörbuch spukt mir noch eine Frage durch den Kopf: Wenn eine Nerd ein halbautistisches, gestörtes, manisch-depressives, ungeficktes Opfer ist (NMZS "nie so wie ihr"), was ist dann ein Maskulist?

 

PS: Das Buch und viele andere Themen werden in dieser Folge der Fatoni Show besprochen

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