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Volker Rechin & Der gelbe Sessel" - Wohnzimmer-Session@DECK 2/Buxtehude - 21.05.2022

Der gestrigen Abend im Suhhof Pub war traumhaft und mit der Erinnerung an dieses kleine intime Konzert mache ich mich auf den Weg nach Buxtehude. Beim letzten Besuch vor einem Monat habe ich beschlossen mir dieses verträumte Städtchen beim nächsten Mal genauer anzusehen und heute habe ich glücklicherweise die Zeit dafür. Bei Sonnenschein und norddeutschen Wind erkunde ich Buxtehude und kann nach Wochen endlich mal so richtig abschalten. Am späten Nachmittag sitze ich mit einem guten Buch im Eiscafé und merke, wie sehr ich diese kleine Auszeit vom Alltag gerade brauche. Das Leben ist schön, aber eben nur, wenn frau es auch lebt. Ich bin am frühen Abend zum Essen und Plaudern verabredet. Zeit mit Gleichgesinnten verbringen zu können ist so wertvoll.
Zu dritt schlendern wir pünklichst zum Deck 2, dem öffentlichsten Wohnzimmer von Buxtehude. Als ich vor einem Monat zum ersten Mal hier war, habe ich mich augenblicklich in diesen zauberhaften Ort und das liebevolle Konzept von Simone Kleinheinz verliebt. Es stand also nie in Frage bei der ersten Gelegenheit an diesen Wohlfühlort zurückzukehren.

 

Volker hat via FB ein Familientreffen der besonderen Art angekündigt ... sein gelber Sessel wird heute Familien-Reunion mit dem Mobiliar des Deck 2 feiern. Dieser Ort ist so einzigartig, dass er Menschen und Sessel zu besonderen Aussagen verführt.
Ich jedenfalls bin zurück an einem Wohlfühlort, bei einer der tollsten Gastgeberinnen, die ich in den letzten Jahren kennenlernen durfte. Es ist der perfekte Ort um Freund*innen und Bonusmensch*innen zu treffen, Lieblingsmusik zu genießen und das Wochenende zu perfektionieren.

 

Der Abend beginnt mit einer liebevollen Ansage von Simone ... einer ihrer Sätze macht mich ein kleines bisschen Stolz und sehr, sehr verlegen. Ich möchte kurz im Boden versinken, den ein halbes Dutzend Mensch*innen weiß gerade genau, worum und um wen es geht. (Und ja, es heißt Gästin - das Wort ist übrigens kein neumodisches Gendergedöns, sondern bereits über 600 Jahre alt.)

Ich mag diesen kleinen Fernsehapparat, in dem Simone den Act des Abends präsentiert und heute darf Jens gemeinsam mit Simone den roten Vorhang aufziehen. Ich empfinde gerade so viel Liebe für diesen Ort.

 

Volker macht es sich in seinem gelben Sessel gemütlich und verzaubert uns mit seinem Lächeln und seiner Vorfreude. Er platzt beinahe vor Stolz, dass sein gelber Sessel so gut an diesen Ort passt. Nach ein paar Worten über 3 Miles to Essex und Toby Pluta, der den heutigen Abend in Bild und Ton festhalten wird, starten er mit #maybetoday in den musikalischen Teil des Abends. Ich wurde unerwartet nochmal umplatziert und habe gerade das Gefühl, dass ich den besten Platz in der gesamte Location habe. Nach über 10 Jahren Wingenfelder fühlt es sich irgendwie richtig an "vorne links" vor der Bühne zu sein. Irgendwie ist das die "richtige" Perspektive auf Volker, auch wenn ich mal wieder nicht viel sehen werden, denn mein Gefühl sagt mir, dass das hier ein "Augen-zu-Abend" werden wird. Volker erzählt so plastisch davon, wie es ist vor dem Fenster der Herzdame zu musizieren, dass mein Kopf mal wieder seinen eigenen Film dreht ... #underneathyourwindow macht komische Sachen mit mir. Außerdem weiht Volker uns in die "Geheimnisse" des Pop ein ... es gibt 4 Akkorde, die unterschiedlich variiert werden und am Ende kommt ein geiler Song dabei heraus. Ich glaube, ich nenne das Phänomen das "4-Akkorde-Potpourri". Und Volker erzählt die "Geschichte der nackten Wahrheit" und der Lüge, die sich in das Gewand der Wahrheit hüllt ... die perfekte Ansage für #akingorathief.
Auch #myheart hat es wieder auf die imaginären Setlist geschafft ... meine Gedanken schweifen in die 3 Songs zur Nacht-Abende ab: immer wenn seine Liebste der Online-Session beitritt, heißt es "hallo mein Herz" und jedes Mal geben Volker und seine Liebste mir den Glauben an das Schöne in der Welt zurück. Passend zu meiner optimistischen Grundstimmung spielt Volker #eyestothelight. Ich habe das Gefühl, dass Sebastian direkt in meinem Ohr sitzt oder sich direkt auf der Armlehne meines Sessels materialisieren wird, wenn ich die Augen öffne ... it's magic in a box & I like it.

#onenight passt gerade viel zu gut in diese Zeit ... mein Kopf ist schon wieder voller Kriegsbilder und die Realität tut mir unfassbar weh. So ganz lässt sich die böse Welt da draußen eben nicht abschalten. Aber seit ich weiß, dass es wichtig für die mentale Gesundheit ist, sich kleine Alltagsfluchten zu gönnen, habe ich wenigstens kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich mir für ein paar Stunden amüsiere. #mexico bringt nicht unbedingt Erleichterung in mein Herz, aber mein cineastisch verseuchter Kopf ruft noch einmal dieselben Bilder ab wie am gestrigen Abend. Ob Tarantino diesen Film irgendwann mal drehen wird, der hier ständig in meinem Kopf herrum spukt?
Ein Anflug gruseliger Schauer überfällt mich. Es ist das Auf und Ab der Gefühle, das ich (hoffentlich auf ewig) in meinem inneren memory board festhalten werde, in jedem Fall kommt auch dieser Abend #onamagnetboard, also in meinem Fall als Foto an die Bürowand.
Es ist verrückt, wie wenig dieser Abend dem Gestrigen ähnelt ... die beiden Konzerte haben gerade so viel gemeinsam wie ein Zitronenfalter mit einem rosa Elefanten. Mein Gefühlskarussell fährt heute in eine ganz andere Richtung ... mein Herz ist voller Liebe für das Leben, ausgelöst von dieser zauberhaften Musik. Und doch ist eine Sache genau wie gestern Abend, Volker schickt uns mit demselben Song in die Pause.

 

Endlich komme ich dazu auch die spät angekommenen Lieblingsmensch*innen zu begrüßen. Es ist schon ein bisschen verrückt, dass Freundschaft, Vertrauen und die Gespräche genau da anknüpfen, wo uns die ständigen Lockdown-Öffnungs-Wellen in den letzten 2 Jahren immer wieder voneinander getrennt haben. Es sind diese Momente, an so wundervollen Orten, die mir das Gefühl geben, dass das Leben (mein Leben) eben doch irgendwie richtig ist.

Ich verliere jedes Zeitgefühl und plötzlich läutet Volker die zweite Runde des Abends ein. Oder sollte ich es eher die zweite Halbzeit nennen? Schließlich ist heute Pokal-Finale. Aber wer interessiert sich schon für Fußball, wenn Volker uns mit auf hohe See nimmt.

 

Wir sind #3milestoessex und ich wünsche Volker und Sebastian so sehr, dass sie diese imaginäre Grenze überschreiten können, die von den Major-Label A&R's so streng bewacht wird. Von der 3 Meilenzone vor den Türen der Plattenindustrie reisen wir weiter in die Untiefen des Lockdown ... #running lässt mein Herz bluten. Während Staat und Gesellschaft in den letzten 2 Jahren damit beschäftigt waren namenhafte Firmen zu "retten" und systemrelevante Menschen non-stop gearbeitet haben, saßen Kulturschaffende eingesperrt daheim, haben sich durch undurchsichtige Förderanträge gekämpft und versucht nicht an der Situation zu verzweifeln. Das Gefühl des alleingelassen Seins durchzieht diesen Song und hinterlässt einen beinahe unerträgliche Schwere, die erst die Zeilen von #thewayiam lösen können. Ich kann wieder frei atmen und lassen mich von der Energie des #paperaeroplane davontragen. Oft bringt der Song mich zum Weinen, doch heute sind da nur das Loslassen und die Freiheit und mein Herz macht einen kleinen fröhlichen Hüpfer.
Nicht nur meine Gefühle fahren Achterbahn, Volker hat sich selbst in diese andere Welt gespielt und so bekommen wir in der Tradition der 3 Songs zur Nacht den U2 Song #desire auf die Ohren.

Eine gefühlte Unendlichkeit hat Volker Songs für uns gespielt und Geschichten aus seinem Leben erzählt, manches war zum Schmunzeln, alles war interessant, doch soll jetzt alles vorbei sein. Das kann doch nicht wahr sein. Dieser Abend kann doch noch nicht vorbei sein, wir haben doch gerade erst angefangen die Realität loszulassen. Zum Glück lässt Volker sich nicht lange bitten und gibt noch ein paar Zugaben zum Besten. Er verlässt nicht einmal seinen gelben Sessel, um uns Zugabe-Rufe abzunötigen. Ich glaube, wenn man jetzt eine Bio-Maschine an Volker anschließen würden, dann wäre die Luft mit 500% Adrenalin angereichert. Volker ist so enthusiastisch, dass sich seine Worte überschlagen ... anders sind Sätze wie "wenn ihr dann im Radio sitzt" nicht zu erklären. (Ich war ja bis jetzt nur einmal im Radio, aber sitzen durfte ich da nicht.) Jedenfalls präpariert uns Volker für den Moment, an dem wir #soareyou in einer anderen Version und von einer anderen Band im Radio hören werden. (Später am Abend wird Volker bestätigen, dass die Variante, die mir seit gestern durch den Kopfspukt, bald Realität werden wird. Dieser Text passt total gut zur Stimme eines ganz bestimmten Sängers.)
Mit #empathy gibt Volker mir dann emotional den Rest ... and words cannot describe how I feel. Mein Kopfkino steht schon wieder auf "play" ... ich glaube schon seit Jahren, dass dieser Song eine total gute James-Bond-Titelmusik wäre. Volker erzählt Geschichte aus seine Sturm und Drang Zeit um #boysdontcry anzukündigen, aber das verfängt bei mir nicht. Mein Kopf reproduziert Bilder von Kirchenkonzerten, die Volker gemeinsam mit Jan Löchel gespielt hat.
Mit seinem neuen Song #goodbyeyeah schickt Volker uns hinaus in die Nacht. Ich bin trunken vor Glück und kann kaum glauben, dass der Abend endgültig vorbei sein soll. Müsste ich meine Gefühle in diesem Moment beschreiben, würde ich einen Satz nutzen, den die Sängerin Mine so gern verwendet: I'm so hyped.

 

Nach dem letzten Song verwandelt sich das Deck2 in einen Bienenstock ... was dem Bienenschwarm der Flügelschlag ist, sind uns die Gespräche. Überalltsummt und brummt es, denn niemand will einfach so gehen, wenn er/sie nicht muss. Am Ende sind wir das was man wohl den "harten Kern" nennen könnte ... wir reden endlos über Musik, Zukunftspläne, die Folgen des Lockdown und den Irrsinn der Bürokratie. Ich versuche einen Irrtum zu beseitigen, aber ich glaube es gelingt mir nicht. (Es ist ja nicht so, dass ich U2 nicht mag. Aber die Musik dieser Band berührt mich halt nicht so sehr wie andere Menschen. Wahrscheinlich habe ich diese Band einfach nur zur "falschen" Zeit in meinem Leben kennengelernt. Und wenn ich eine Band wirklich nicht mag, dann kann sie mir nicht einmal von Volker oder Nils "schön gespielt" werden.)

Plötzlich ist es 1 h morgens und ich muss mich zwischen 2 Mitfahr-Optionen entscheiden ... solche Luxus-Probleme hatte ich schon ewig nicht mehr. Und im Hotel ziehe ich ein erstaunliches Fazit: der heutige Abend war so anders als gestern. Es ist die Faszination des immer wieder neugeborenen Augenblicks, die mich immer wieder zu diesen Konzerten treibt.

Ich widme diesen kleinen Text allen Leuten in Buxtehude, die nicht wissen was für eine grandiose Location sie da direkt vor ihrer Haustür haben.

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