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Volker Rechin & Der Gelbe Sessel @Birkenhof Einbeck - 10.09.2022

Der gestrige Abend war sehr aufregend und mein Adrenalinpegel will den ganzen Tag über nicht absinken. Auch wenn meine Vorfreude auf den heutigen Abend durch die kurzfristige Absage einer Freundin leicht getrübt wird, fühle ich mich irgendwie high ... ich bin im Musikrausch und das fühlt sich sehr geil an.
Die Regenwahrscheinlichkeit für Einbeck liegt bei 90%, d.h. aus dem romantischen Konzert mit gelbem Sessel auf der Wiese wird leider nichts. Aber es gibt ja die Reithalle als Ausweich-Location und so steht einem zauberhaften Abend mit guter Musik nichts im Weg. Der Birkenhof entpuppt sich als wundervoller Ort, um runterzufahren und den Kopf freizubekommen. Stolze Pferde toben sich aus, Alpakas beäugen neugierig die Besucher*innen und der Anblick der kleinen Kängurus bringt mich zum Schmunzeln. Also der perfekte Ort, um sich zu erden.

 

Das Team vom Birkenhof hat für Volker und seinen Sessel einen lauschigen kleinen Auftrittsort in der Reithalle geschaffen ... da war ganz viel Liebe im Spiel. Und auch wir Gäste werden liebevoll umsorgt. Das Publikum ist handverlesen und mit einigen Lieblingsmenschen bestückt. Freunde wiederzusehen ist eines der besten Goodies an einem Konzertabend. Trotz der überschaubaren Zuschauerzahl strahlt Volker als hätte er ein Stadion ausverkauft. Ich habe selten jemanden gesehen, der so sehr für eine Sache brennt wie Volker für seine Musik. Und seine positive Energie ist so wunderbar ansteckend.

 

Musikalisch startet der Abend mit #maybetoday und plötzlich geht Volkers Stimme auf der Slackline meines Herzens spazieren. Egal, ob im Wolters Applaus Garten oder auf dem Reiterhof, Volker macht jeden Abend mit dem gelben Sessel zu einem Stadion-Event mit Lagerfeuer-Atmosphäre. #underneathyourwindow besteht aus den berühmten 4 Akkorden, die die Welt bedeuten. Volker nutzt diesen Song gern für einen Freestyle-Cover-Part, der heute ausschließlich aus U2-Klassikern besteht. Ich sag  ja immer gern, dass U2 nicht meine Band ist, aber Volker kriegt mich musikalisch immer wieder rum. Als kleine erlesene Truppe dürfen wir heute Teil einer wundervollen Zukunft sein, denn Volker zeigt uns seine Idee für den zukünftigen Opener eines jeden 3 Miles-Abend. Mit der harmonica of death leitet er mit #hello eine Doppeleröffnung ein und mein Kopfkino driftet wieder einmal in Hollywood-Dimensionen ab. Später werde ich feststellen, dass auch andere Menschen diese visionären Bilder im Kopf haben. Nahtlos geht es zu #akingorathief über und ich würde mich jetzt so gern zu dieser Musik bewegen, aber Volkers Stimme drückt mich tief in meinen Campingsessel. Meine kleine Welt steht wieder einmal Kopf und ich liebe das.

Ich schweife gedanklich zu den "3 Songs zur Nacht" ab als Volker #myheart anstimmt, wenn er den Song in den Online-Sessions spielt, füllt sich das komplette www mit Liebe. Wahrscheinlich bin ich doch eine unverbesserliche Romantikerin. Volker erzählt sehr gern und mit viel Begeisterung von der Entstehung seiner Songs und vom magischen Sebastian in der Box. Aus Volkers persönlicher Lockdown-Erfahrung wurde #eyestothelight und mein Herz fühlt sich gerade sehr leicht an. In dieser Musik steckt so viel Magie. Und egal wie oft Volker mir die Welt seiner Songs erklärt, ich will gar nicht verstehen wie diese Magie funktioniert, ich will sie einfach nur genießen. #onenight ist textlich wohl eher einer der schweren Songs und legt eine Gänsehaut auf meine Seele. Während ich die Auge schließe und genieße, beschleicht mich das Gefühl, dass Sebastian auf meiner Schulter sitzt und mir die Musik direkt in mein Ohr träufelt. Meine Gefühle fahren mal wieder Achterbahn.
Der heutige Abend ist in mehrfacher Hinsicht besonders. Volker hat neue Songs dabei, die Location ist wirklich einmalig und heute ist auch Volkers Mama im Publikum. Ich kann gerade nicht verorten, wer hier gerade auf wen stolz ist, wenn ich sehe, wie diese beiden Menschen sich anlächeln. Mit einem Schmunzeln und voller Liebe im Blick erzählt Volker eine kleine Anekdote aus der Zeit der "3 Songs zur Nacht".

Die Musik von 3 Miles to Essex schafft es immer wieder mein Kopfkino anzukurbeln und Hollywood-Momente aus den Untiefen meines Gedächtnis an die Oberfläche zu spülen. Volker verliert sich in den Erklärungen zu #mexico und durch meinen Kopf läuft ein kleiner Johnny Depp in dem Film "Blow". Mit #thebench hat Volker uns einen weiteren neuen Song mitgebracht, der klar macht, dass wir die Summe unserer Erfahrungen sind, und dass ist nicht nur irgendwie richtig, sondern auch sehr wichtig. Der neue Song wirkt noch in die Pause hinein nach.

 

Wie so oft ist die Pause ein irrealer Moment, der irgendwie aus der Zeit zu fallen scheint. Mein Gehirn schlägt Purzelbäume und ich bin ein bisschen erleichtert als Volker uns mit der Gitarre in die Reithalle zurück lockt. Während man im Theater mit einer penetranten Klingel aus der Pause geholt wird, gleicht Volkers Griff in die Saiten eher einem Rattenfänger-Moment. Volker erzählt von der Inspiration zu #3milestoessex. Ich liebe es wie er diese Geschichte erzählt und hoffe inständig, dass er und Sebastian nicht mehr allzu lange in der 3 Meilenzone vor den Toren der Major Labels herumschippern müssen. #running gehört zu meinen absoluten Lieblingen unter den rechinschen Lockdown-Schöpfungen und der Song kam zu einer Zeit in mein Leben als ich ständig das Gefühl hatte, ich wäre stehen geblieben, während der Rest der Welt an mir vorbeirennt. Doch seit ein paar Wochen finde ich mich in einer neuen Welt wieder und plötzlich laufe ich wieder mit Auch heute raubt mir Volkers Stimme bei #thewayiam den Atem und mein Herz setzt einen Moment lang aus. Ich mag diesen Moment sehr. Und es gibt diesen einen Song, der mir immer wieder neues Leben einhaucht und heute spüre ich beim #paperaeroplane nicht einen Hauch der üblichen Schwermut. Ich entdecke eine ganz neue Seite an diesem Song, die mir Leichtigkeit und Zuversicht ins Herz spülen.

 

Angeblich soll das Konzert jetzt vorbei sein, aber Volker hat genauso viel Lust Zugaben zu spielen, wie wir sie unbedingt hören wollen. Weglaufen und sich zurück auf die Bühne applaudieren zu lassen ist in dieser Location eher sinnfrei und scheinbar bei vielen Künstler*innen seit dem Lockdown total aus der Mode gekommen.
In der Tradition der 3 Songs zur Nacht dürfen wir einer neueren 3 Miles-Inspiration namens #soareyou lauschen. Ein Song, der von einer anderen Band aufgegriffen wurde und bald veröffentlicht werden soll. Ich versuche immer wieder mir diesen Song mit dem Sound und der Stimme einer bestimmten Band vorzustellen, aber es gelingt mir meist mehr schlecht als recht. Ich werde mich also überraschen lassen müssen, was aus Volkers Song werden wird. Mit #empathy bekommen wir DEN 3 Miles to Essex Hit auf die Ohren und in die Herzen gespielt und es liegt ein wenig Abschiedsstimmung in der Luft. Doch Volker versüßt uns den Abschied mit #goodbyeyeah und der Song entlässt mich zuversichtlich in die Nacht, auch wenn seine Entstehungsgeschichte wieder einmal sehr viel Schwermut enthält. Aber wie schon Hermann Hesse wusste " ... es muß das Herz bei jedem Lebensrufe - bereit zum Abschied sein und Neubeginne ... und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne - der uns beschützt und der uns hilft, zu leben ..." Und so freue ich mich nicht nur auf das nächste Konzert mit dem gelben Sessel, wann auch immer das sein wird, sondern ich beiße mich an einem wundervollen Gedanken fest. Es gibt so einige Bands, deren Konzerte nicht zu Ende sind ehe nicht ein bestimmter Song gespielt wurde. Bei den Furys ist es Seconds to Fall und bei Volker könnte es Goodbye, Yeah werden. Oder vielleicht doch On a magnetboard? Ach nee, das wäre der perfekte Song für das Ende der regulären Setlist - ohne Zugaben.

 

In gemütlicher Runde lassen wir den Abend ausklingen und mit leichtem Herzen trete ich den Heimweg an. Nur eine Sache will mir nicht aus dem Kopf gehen. Warum haben eigentlich so viele Musiker*innen diesen Tick, während ihrer Konzert immer wieder auf bestimmte Worte oder Redewendungen zurückzugreifen, wenn sie einen Song einläuten oder ihre unzähmbare Energie loswerden wollen?

Bei Thees Uhlmann ist es "genial", Thorsten Wingenfelder sagt gern auf diese besondere Art "okay", Marcus Wiebusch nutzt gerne "und das geht so" und Volker? Bei dem scheint "alright" irgendwie dazu zugehören. Irgendwie süß, dass jeder Mensch einen kleinen Spleen hat.

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